Paraschat Lech Lecha

Die Parascha in Kürze
  • Awraham wird aufgefordert, sein Heimatland zu verlassen und sich in Richtung Israel zu begeben
  • Durch die Hungersnot in Israel ist Awraham gezwungen, nach Ägypten zu gehen. Dort gibt er seine Frau vor Pharao als seine Schwester aus.
  • Awraham trennt sich von seinem Neffen Lot, der sich nach Sedom begibt. Im Krieg um Sedom muss Awra-ham seinen Neffen retten und hilft den Krieg zu gewinnen.
  • G―tt schließt einen Bund mit Awraham und versichert ihm, dass seine Nachkommen das Land Israel erben werden, obwohl er bisher kinderlos ist.
  • Awraham heiratet eine zweite Frau – Hagar, weil Sara noch keine Kinder hat. Sie gebärt einen Sohn – Ishmael.
  • Awraham vollführt die Beschneidung.

„Dwar“ der Woche

Bereschit 12:5: „Awram nahm seine Frau Sarai und seines Bruders Sohn Lot, alle ihre Habe, die sie erworben und die Seelen, die sie in Charan gebildet hatten; sie zogen fort, um dem Land Kenaan zuzugehen und sie kamen nach dem Land Kenaan".

Unsere Weisen sagen uns, dass die Welt in drei je ca. 2000 Jahre andauernden Zeitperioden aufgeteilt ist. Die erste Zeitepoche heißt „Tohu"- Wüste, die zweite heißt „Tora" und die dritte Zeitperiode heißt „Jemot HaMoschiach" (Zeit des Messiah).Wann genau hat die Zeitepoche der „Tora" angefangen?

Obwohl uns der Midrasch erzählt, dass Noach schon Tora gelernt hat und wir auch wissen, dass Schem (Noachs Sohn) eine Jeschiwa hatte (in der Jakow später gelernt hat), sagen unsere Weisen, dass die Zeitepoche der „Tora" erst mit unserem Vorvater Awraham begonnen hat. Interessanterweise bezieht sich das nicht auf die Zeit, als Awraham als Dreijähriger G"tt anerkennt und die Götzen seines Vaters zerbricht, sondern als er 52 Jahre alt ist und wie oben im Passuk erwähnt mit seinen „erworbenen Seelen" nach Kenaan zieht. Wer sind diese „erworbenen Seelen" und weshalb markieren sie den Anfang einer neuen Ära der Tora? Raschi sagt uns, dass diese Seelen die Proselyten waren, die Awraham und Sara konvertiert hatten. Für Awraham war es nicht genug für sich alleine G"tt anzuerkennen, sondern er sah es als seine Aufgabe an, im Dienst G"ttes diese Erkenntnis unter seinen Mitmenschen zu verbreiten und somit G"ttes Namen in der ganzen Welt zu heiligen. Der Grund, wieso Awraham das Privileg hatte, die Zeitepoche der Tora einzuleiten, war, weil er verstanden hatte, dass man die Tora nicht nur für sich lernen und behalten soll, so wie es seine Vorgänger zuvor gemacht hatten, sondern die Tora weitergeben und sie der Gemeinschaft zugänglich machen soll.

 

„Midrasch“ der Woche

Der Midrasch erzählt uns von Awrahams Situation in Ur Kasdim. Schon als Junge hatte er erkannt, dass die Götzen in seinem Vaterhaus nur Statuen waren und glaubte an den Einen G―tt. Dies brachte ihn in Schwierigkeiten vor allem mit König Nimrod, der sich selbst als Götzen betrachtete und von Awraham verlangte, dass dieser sich vor ihm verbeugt. Natürlich weigerte sich Awraham und zur Strafe wurde er von Nimrods Dienern gefesselt und in einen Feuerofen geworfen! Aber G―tt selbst kümmerte sich um Awrahams Wohlergehen und es geschah ein Wunder, so dass nur seine Fesseln verbrannten, er selbst aber im Ofen spazieren ging, als wäre es ein schöner Garten. Nimrod wurde berichtet, dass Awraham nicht nur das Feuer überlebt hätte, sondern es ihm im Ofen wohl erging. Er wollte dem Bericht seiner Diener nicht glauben und musste sich erst selbst von der Wahrheit überzeugen. Er war so beeindruckt, dass er sich seinerseits nun vor Awraham verbeugen wollte. Aber Awraham rief aus: „Haschem, der Schöpfer der Welt, hat mich gerettet. Verbeugt euch vor Ihm!― Awraham wurde auf freien Fuß gesetzt.

„Konzept“ der Woche

Die Mischna sagt uns in Pirkej Awot 5:3, den Sprüchen der Väter: „Durch zehn Prüfungen wurde unser Vater Awraham geprüft, und er bestand alle, um zu zeigen, wie groß die G―ttesliebe unseres Vaters Awrahams war.― Es gibt mehrere Versionen, welche Prüfungen dazu gehörten. Rambam (auch Maimonides genannt, 1135-1204) führt als erstes die Aufforderung G―ttes an, sein Heimatland und das Haus seines Vaters zu verlassen. Awraham soll sich ins Land Israel begeben, wo kurz nach seiner Ankunft eine Hungersnot herrscht. Weiteren Prüfungen muss er sich unterziehen, bis er schließlich bei der zehnten Prüfung von G―tt den Befehl bekommt, seinen über alles geliebten, ersehnten Sohn Jitzchak zu opfern. Nachdem Awraham alle Prüfungen mit Bravour bestanden hat, sagt ihm G―tt: „ Du bist wirklich ein g―ttesfürchtiger Mann, der sogar sein Bestes für G―tt gegeben hätte!

Der Maharal (1526-1609, hatte großen Einfluss auf den philosophischen Weg des Judentums) erklärt, dass die Zahl „zehn  etwas Vollkommenes und Grundlegendes ausdrückt. Er führt als Beispiel die Zehn Gebote an, die die ganze Tora beinhalten und alle Mitzwot enthalten. Das heißt also, dass das wirkliche Sein unseres Stammvaters Awraham erst nach dem Bestehen der zehn Prüfungen zum Vorschein kam. Dann sah G―tt, dass er wirk-liche G―ttesfurcht hatte und die Kraft besaß, der Vater der ganzen Nation zu werden.

Wir können uns daran ein Vorbild nehmen, welche Ziele man sich setzen soll. In den Pirkej Awot steht in 5:19, dass die Schüler Awrahams folgende drei Charakterzüge besaßen: ein gutes Auge, ein bescheidenes Wesen und eine demütige Seele. Sind es diese drei Dinge, die wir als Awrahams Stärken bezeichnen? Wird nicht immer Güte und Gefälligkeit mit Awraham in Verbindung gebracht?

Es war seine Güte, die Awraham auf diese hohe Stufe gebracht hat. Doch diese drei Dinge bringen ihn zur Vollkommenheit. Jemand, der ein gutes Auge besitzt, ist mit dem zufrieden, was er besitzt. Wenn er durch seine Bescheidenheit den Boden unter seinen Füßen behält und trotz seiner Größe nicht stolz wird, kann er sich mit dem Absondern von der materiellen Welt als wirklichen Schüler Awrahams begreifen.

Diese Vollkommenheit wird allerdings durch harte Arbeit erreicht. Awraham wurde auf das Schwerste geprüft und erst als er die zehnte Prüfung erfolgreich hinter sich gebracht hatte, hat er die Stufe der Vollkommenheit erreicht.

Mit freundlicher Unterstützung von HaMakor.de und Rabinner Aron Orzel