Paraschat Wajera

Die Parascha in Kürze
  • G―tt offenbart sich Awraham, der sich nach seiner Beschneidung, obwohl er schwach ist, nach Gästen umschaut
  • Die drei Gäste sind Engel, die Awraham die Geburt seines Sohnes Jitzchak und die Vernichtung Sdoms und Amoras verkünden
  • Awraham verhandelt mit G―tt darüber, diese Strafe abzuwenden
  • Die Engel retten Awrahams Neffen Lot aus Sdom
  • Lot, dessen Frau bei der Flucht zur Salzsäule wird, flieht mit seinen Töchtern in die Berge; sie bekommen zwei Söhne von ihrem Vater: Moaw und Amon
  • Awraham flieht in der Hungersnot ins Philisterland und gibt seine Frau erneut als seine Schwester aus
  • Sara wird schwanger und gebärt einen Sohn: Jitzchak
  • Sara schickt Awrahams Nebenfrau Hagar mit ihrem Sohn Ischmael fort, da er einen schlechten Einfluss auf Jitzchak hat
  • G―tt befiehlt Awraham seinen Sohn zu opfern, wozu er ohne Zögern bereit ist

„Dwar“ der Woche

Die Zerstörung Sdoms fand während eines Sonnenaufgangs statt, denn während dieser Zeit überschneiden sich Mond und Sonne und sind zusammen zu sehen. Raschi erklärt, dass G"tt diese Zeit ausgewählt hat, damit Sdoms Bewohner, die der Sonne dienten, nicht sagen könnten, dass G"tt sie nur zerstören konnte, weil Er es in der Nacht tat, wo die Sonne keine Macht hat. Am Tage hingegen, wenn die Sonne regiert, könne G"tt nicht gegen die Sonne ankämpfen. Warum ist es so wichtig, was die Einwohner Sdoms Minuten vor ihrem Untergang denken könnten?

 

Wir können daraus schließen, dass es G"tt etwas ausmacht, wenn Menschen sogar nur für eine Minute schlecht über Ihn denken. Wir können darüber hinaus daraus lernen, so vorsichtig zu sein, einen Mitmenschen nicht einmal eine Minute lang etwas Schlechtes denken oder fühlen zu lassen, sogar wenn es nur aus „Spaß" ist. Dies sehen wir auch in der nächsten Parascha, die Saras Tod behandelt. Unsere Weisen sagen, dass Sara so erschrak, als ihr ein Bote von der Opferung Jitzchaks berichtete, dass sie starb, bevor sie das Ende der Botschaft hören konnte (nämlich, dass Jitzchak alles gesund überstanden hatte).

„Maisse“ der Woche

In orthodoxen jüdischen Gemeinden existiert schon lange die Tradition des kostenlosen Verleihs – „Gmach―. Bei der einen Familie kann man jederzeit ein Werkzeug ausleihen, bei der anderen Medikamente, bei der dritten ein zinsloses Darlehen.

Ein wohlhabender Mensch wollte ein Gmach eröffnen, um sein Geld in eine gute Sache zu investieren. Er fragte seinen Lehrer, den Bostoner Rebben: „Was fehlt den Juden? Welches Gmach soll ich eröffnen?" „Leih den Menschen Ohren aus," antwortete der Rebbe, „jeder hat eigene Anliegen und es gibt niemanden, dem er sie erzählen kann. Das größte Defizit sind heute Ohren, die bereit sind zuzuhören!"

 

„Konzept“ der Woche

G―tt entscheidet, dass Sdom vernichtet werden muss, weil die Sünden der Menschen dort ein Ausmaß erreicht haben, das keine Teschuwa mehr zulässt. Aber zuvor schickt Er zwei Engel zu Avrahams Neffen Lot nach Sdom, um ihn und seine Familie zu retten. Lot nimmt die als gewöhnliche Männer erscheinenden Engel als Gäste auf, die ihn zum sofortigen Verlassen der dem Untergang geweihten Stadt drängen. Warum hat es Lot verdient, gerettet zu werden? War sein Verdienst lediglich, dass er Avrahams Neffe war?

Lot ist eine umstrittene Person. Einerseits wird über seine Gastfreundschaft berichtet, die er im Hause Avrahams kennengelernt und für sich übernommen hat. Dies ist ein Zeichen der Mitmenschlichkeit auf hoher Stufe. Andererseits wird vermerkt, dass das von Lot ausgerichtete Essen ein Fest war, was von unseren Weisen als Weingelage interpretiert wird. Er war also gastfreundlich, weil er sich zum Wein hingezogen fühlte. Wenig später ist Lot nach der Zerstörung Sdoms davon überzeugt, allein mit seinen beiden Töchtern auf der Welt übrig geblieben zu sein. Mit Wein bringen ihn seine Töchter zur Unzucht. Unsere Weisen sagen: „Jemandem, der einen Drang nach etwas hat, gibt man am Ende von seinem eigenen Fleisch zu essen."

Wie ist Lot auf diese Stufe gesunken? Nachdem Avraham und Lot zusammen nach Israel gezogen waren, verstanden sich ihre Hirten nicht mehr miteinander. Sie begannen Streit und Avraham beschloss, dass man sich trennen müsse. Lot suchte sich die fruchtbarste Landfläche aus und entschied sich, nach Sdom zu gehen. In Vers 13:11 steht: „es zog Lot von Osten ab". Das Wort „Osten" kann man auf Hebräisch entweder durch „misrach" oder „kedem" ausdrücken. Hier wird „kedem" gebraucht, das aber gleichzeitig auch „erster" bedeuten kann und an den Schöpfer der Welt erinnert, der der Erste war und ist. Unsere Weisen erklären, dass sich somit Lot nicht nur von Avraham, sondern auch von G―tt abgewandt hat. Obwohl er vorgeblich nur bessere Weideplätze für seine Tiere wollte, waren seine eigentlichen Beweggründe, dass er seinen Glauben an G―tt in Frage gestellt hat.

Heutzutage beschreiben die Psychologen, wie das Unterbewusstsein des Menschen durch Erlebnisse aus früher Kindheit geprägt wird und spätere Taten steuert. Doch schon die Tora kennt diese Idee und zeigt uns, dass ein Mann wie Lot kleine Fehler gemacht hat, die ihn schließlich zu großen Sünden brachten. Er servierte Wein, um seine Gäste zu ehren, aber letztlich begehrte er den Wein. Seine Liebe zum Wein brachte ihn zur Sünde der Unzucht. Jeder Mensch muss versuchen, seinen eigenen Schwachpunkt zu finden. Wenn es ihm gelingt, sich zu verbessern, kann er sich vor schlimmen Folgen schützen.

Mit freundlicher Unterstützung von HaMakor.de und Rabinner Aron Orzel