Paraschat Toldot

Die Parascha in Kürze
  • Jitzchak und Riwka bekommen nach langem Warten Zwillinge - Jakow und Esaw
  • Esaw verkauft sein Erstgeburtsrecht an Jakow und gibt somit seine Rechte als Erstgeborener auf
  • Jitzchak wohnt im Süden Israels und sucht dort nach Wasser, das er nach einem Rechtsstreit mit den Philis-tern auch findet
  • Jitzchak möchte seinen Sohn Esaw segnen bevor er stirbt, doch Riwka meint, dass Jakow den Segen erhal-ten soll
  • Riwka hilft Jakow, indem sie ihn als Esaw verkleidet zum Vater schickt und er so den Segen bekommt
  • Esaw hasst seinen Bruder und plant ihn zu ermorden, was er aber erst nach dem Tod Jitzchaks verwirklichen will

„Dwar“ der Woche

Als Jakow in Israel begraben werden sollte, kam sein Bruder Esaw und verlangte, in der Grabstätte der Stammväter statt Jakow begraben zu werden. Im Streit wurde Esaw von einem Enkel Jakows getötet. Jakow wird zusammen mit allen Stamm-vätern begraben und nicht Esaw. Doch unsere Weisen erzählen uns, dass Esaws Kopf dort begra-ben wurde. Was symbolisiert dies für uns?

Wenn wir uns ein Bild von Esaw machen, denken wir immer an den Bösewicht, der sogar versucht hat, seinen Vater zu belügen. Doch das war nicht der Fall, denn wir wissen, dass Jakow und Esaw zusammen bis zum 13. Lebensjahr gelernt haben und man dabei kaum Unterschiede zwischen beiden erkannt hat. Ihr Wissen und Glauben waren gleich groß. Diese Tatsache spiegelt sich darin, wo Esaws Kopf seine Ruhe gefunden hat.
Was hat er also falsch gemacht? Er wurde zu Edom, dem Vater des Volkes, das die Juden durch die ganze Geschichte hindurch nur gefoltert und gejagt hat, und er ist derjenige, der beim Kommen von Moschiach als Erster seine Strafe bekommen wird.

Als Esaw vom Feld zurückkommt und sieht, dass Jakow Linsen kocht, verlangt er auch von „diesem Roten". Das ist die Quelle seines Namens: Edom heißt rot. Bekommt er diesen Namen nur, weil er die Linsen „das Rote" genannt hat? Hier gibt uns die Tora einen Hinweis auf seine Eigenschaften. Trotz all seines Wissens und Verstehens hat er immer nur das Oberflächliche gesehen. Er hat nur das „Rote" gesehen und nicht einmal gewusst, dass Jakow sie nur kocht. (Trauernde essen Linsen oder etwas anderes Rundes, um zu zeigen, dass alles einen Anfang und ein Ende hat) Er sieht nur das Bild von außen. Als Jakow ihm sein Erstgeburtsrecht abkaufen will, fragt er sich nur: Was bringt mir dies jetzt? Wenn kein sofortiger Vorteil da ist, muss es etwas ohne Wert sein. Esaw versuchte immer, seinen Vater zu betrügen. Er stellte ihm irrelevante Fragen, z.B. nach dem Maser von Salz (Maser ist das Zehntel, das man für die Priester von allem, das gewachsen ist, ab-nehmen musste). Doch von Salz muss man gar nicht Maser nehmen. Salz ist eine sehr wichtige Sache, doch immer nur eine Nebensache, die Geschmack verleihen kann. Auf nebensächliche Dinge hat er Wert gelegt. Diese Eigenschaft hat Esaw trotz all seines Wissens nicht dazu gebracht, sich als Mensch zu verbessern.

„Maise“ der Woche

Rabbi Tarfon hatte eine Mutter, die von Alters we-gen nicht gehen konnte und er trug sie, wohin sie wollte. Er gab ihr jederzeit das Beste zu essen und zu trinken, er tat ihr jederzeit alles erdenklich Gu-te, aus ganzem Herzen und mit großem Fleiß.

Einmal gingen die Weisen zu Rabbi Tarfons Mutter und fragten sie, wie es ihr erginge, und ob ihr Sohn ihr auch viel Gutes täte und ob ihr etwas fehle. Da dankte sie ihrem Sohn und wusste kaum, wie sie ihn loben sollte, und sagte zu den Weisen, welche Arbeit und Mühe ihr Sohn mit ihr hatte. Da sprachen die Weisen: „Und wenn er noch tausendmal so viel tun sollte, so täte er doch nicht genug, denn Vater und Mutter zu ehren hat kein Maß, man kann nicht zu viel davon tun.

„Konzept“ der Woche

In unserer Parascha lesen wir, dass Esaw vom Feld zurück-kommt und seinen Bruder Jakow ein Linsengericht kochen sieht. Da er sehr hungrig ist, bittet er seinen Bruder, ihm davon zu geben. Aber Jakow möchte von Esaw zuerst das Erstgeburts-recht haben. Daraufhin fragt sich Esaw, was ihm das Erstgeburtsrecht bedeutet, denn wenn Erstgeborene im Tempel Dienst tun, könnte er einen Fehler machen und dafür mit dem Tod bestraft werden. Esaw antwortete ihm: „Ich werde ohnehin ster-ben, was nützt mir da das Erstgeburtsrecht? Nachdem der Verkauf abgeschlossen war und Esaw das Essen verschlungen hatte, verspottete er das Erstgeburtsrecht. Unsere Weisen fügen hinzu, dass er es nicht nur verspottet hat, sondern damit auch den Glauben an die Auferstehung der Toten. Als er sagt, er werde sowieso sterben und somit nütze es ihm nichts, war dies ein Zeichen, dass er daran nicht glaubte. Wie kann es aber sein, dass er durch das Verachten des Erstgeburtsrechts sofort eines der Grundprinzipien unseres Glaubens ablehnte?
Der Talmud erzählt im Traktat Sanhedrin über einen Mann, der sich über das Konzept der Auferstehung der Toten lustig machte. Er wandte sich an einen Gelehrten und fragte: „Wie könnt Ihr an ein Leben nach dem Tod glauben? Seht Ihr denn nicht, dass ein lebendiger Mensch stirbt? Warum meint Ihr dann, dass ein Toter leben wird? Der Gelehrte erwiderte: „Wenn etwas, das nie gelebt hat, leben kann, so kann etwas Lebendiges umso mehr wiederbelebt werden. Wie sollen wir diesen Dialog verstehen? Dazu müssen wir wissen, warum unser zuversichtlicher Glaube an die Auferstehung der Toten so ein grundsätzlicher Punkt im Judentum ist.
Ein Mensch muss sich fragen, wie der Lauf der Welt ist. Er sieht, dass der Weg immer vom Leben zum Tod führt. Doch ein weiser Mensch hat eine weitergehende Perspektive und erkennt, dass man die Betrachtung früher beginnen muss. Alles wurde aus dem Nichts erschaffen und so auch der Mensch. Daher ist es einsehbar, dass man auch wiederbelebt werden kann. Dieses Wissen um ein Leben nach dem Tod gibt dem Menschen die Möglichkeit, sich mit seiner Seele in Verbindung zu bringen und sich nicht nur mit dem Materiellen im Leben zu beschäftigen. Denn die Seele ist schon vor der Geburt mit dem Menschen ver-eint und sie existiert auch noch nach seinem Tod.
Esaw und Jakow verkörpern diese zwei Welten in ihrer jeweiligen Person. Der Midrasch erzählt, dass beide sich über die zwei Welten streiten. Esaw wollte diese Welt und Jakow die kommen-de Welt. Aber diese Aufteilung hat nicht funktioniert, denn auch Jakow hat verstanden, dass er die kommende Welt von hier gestalten muss. Die Arbeit ist hier und erst dann kommt das Para-dies. So ist es auch verständlich, dass Esaw die Arbeit im Tempel verabscheute und sich keine weiteren Gedanken darüber machen wollte und damit das Grundprinzip der kommenden Welt verspottet. Er will das Leben hier und keine Verbindung zu einem Nachher.

Mit freundlicher Unterstützung von HaMakor.de und Rabinner Aron Orzel