Daf Vaethanan - Schabbat Nachamu
- Mosche fleht und betet zu G“tt, doch noch nach Israel mitgehen zu dürfen
- Erinnerung daran, die 613 Mitzwot zu halten, nichts wegzulassen und nichts hinzuzufügen
- Die Strafe für das Nichteinhalten der Tora wird erklärt: Exil
- Die Zehn Gebote werden wiederholt
- Verbot, sich nach dem Einzug in Israel von den Kanaanitern beeinflussen zu lassen
„Konzept“ der Woche
Der Schabbat dieser Woche hat den Namen „Schabbat Nachamu" – Schabbat des Trostes. Nach der Trauer an Tischa BeAw wollen wir uns jetzt trösten und lesen in der Haftara an diesem Schabbat die erste der sieben Haftarot der Tröstung. In ihr spricht der Prophet Jeschaja von der Erlösung des jüdischen Volkes und dies soll uns Trost sein für unseren Schmerz über den Verlust des Tempels. Können wir uns aber damit trösten, wenn wir doch nach dem Trauertag im gleichen Zustand sind? Was bedeutet es wirklich, jemanden bei einem Verlust zu trösten? Was wollen wir mit dem Trost erreichen? Wenn jemand über den Verlust eines ihm nahestehenden Menschen trauert, fragen wir uns, was wir mit dem Trost ändern können.Der Talmud erzählt, dass man bei einem Kranken nicht am Kopfende seines Bettes sitzen soll. Denn dort ist die Schechina, in deren Nähe man sich nicht setzen soll. Der Maharal erläutert, warum es gerade der Kranke verdient, dass sich ihm G"tt nähert. Es gibt dafür zwei Gründe, die zusammengenommen einander ähneln. Der Mensch ist von Natur aus gesund. Wenn er krank wird, verliert er seine naturgegebene Kraft, seine Routine ändert sich, sein Lebenswille und auch die meisten seiner Fähigkeiten sind reduziert. Wegen dieser Schwächen gibt G"tt dem Kranken eine zusätzliche Kraft, damit er die fehlenden Aspekte auf anderem Wege zurückerhält. Dazu kommt, dass sich der Kranke schwach fühlt und einsieht, dass ein Mensch ohne G"ttes Hilfe nicht existieren kann. Aufgrund dieser Erkenntnis wird er mit der g"ttlichen Nähe belohnt. Beide Gründe haben dieselbe Ursache und es kommt der erste Teil von G"ttes Seite, während der zweite der Verdienst des Menschen ist. Je mehr der Mensch seine Hilflosigkeit einsieht, desto mehr kann er die Nähe zu G"tt fühlen.
Wenn wir einen trauernden Menschen trösten, sagen wir nicht, dass der Verstorbene wirklich sterben musste, sondern wir erkennen seinen Schmerz als solchen an. Wir hören ihm zu und verstehen, wie groß der Verlust wirklich für ihn ist und wie sehr es ihn schmerzen muss. Die Erkenntnis des Verlustes gibt dem Trauernden Stärke, weil er sieht, dass andere es mit ihm erleben und die eigene Hilflosigkeit ihn dazu bringt, seine Gefühle mit anderen zu teilen. Dadurch lässt er eine gewisse Nähe zu, die es dem Menschen ermöglicht, sich wirklich trösten zu lassen.
Zu Lebzeiten König Davids wütete eine schlimme Seuche. Unsere Weisen führen viele Gründe dafür an, warum diese Strafe gekommen ist. Der Midrasch nennt uns einen viel weniger bekannten Grund: David war der Einzige, dem der Bau des Tempels wichtig war. Niemand anders hatte auch nur das leiseste Verlangen, den Tempel zu bauen und das war der Grund für die Strafe. Der Midrasch sagt weiter, wenn selbst diejenigen, die noch nie einen Tempel hatten, dafür bestraft werden, nicht den Tempel aufbauen zu wollen, umso mehr gilt es für uns, die wir auf den Tempel zurückblicken können, aber jetzt nicht für den Aufbau des Tempels beten. Ein Mensch muss sich zuerst in einen Zustand bringen, in dem er weiß, was ihm wirklich fehlt.
Sicher gibt es auch am Schabbat nach Tischa BeAw noch keinen Grund, sich ganz zu trösten, denn der Tempel existiert immer noch nicht. Wenn wir jedoch erkannt haben, dass uns etwas fehlt, haben wir eine gewisse Tröstung erreicht. Dadurch erfahren wir Nähe zu G"tt, wenn wir unsere Hilflosigkeit sehen und erkennen, dass wir den Tempel wirklich brauchen.
Jeden Tag erwähnen wir vielmals den Aufbau des Tempels und unsere Sehnsucht nach Jerusalem im Gebet. Sobald wir aber wirklich davon erfüllt sind und spüren, dass wir Ihn brauchen, wird es uns Halt und Kraft geben und uns ein wenig trösten.
„Biographie“ der Woche
Rabbi Jakow Culi - Jahrzeit 19. Aw
Rabbiner Jakow Culi entstammte einer sephardischen Familie, die sich nach der Vertreibung aus Spanien auf Kreta angesiedelt und es dort zu Ansehen und Reichtum gebracht hatte. Sein Vater war nach dem Sieg der Türken über das über Kreta herrschende Venedig nach Eretz Jisrael geflohen und heiratete dort die Tochter des berühmten Rabbiners Mosche ibn Chabib. Jakow Culi wurde 1689 in Jerusalem geboren und seine sich sehr früh zeigende Begabung wurde von seinem Großvater gefördert. Nach dessen Tod zog seine Familie nach Tzefat, wo Jakow Culi zu einem großen Toragelehrten wurde und sich entschied, die Werke seines Großvaters zu veröffentlichen. Dies war in Israel nicht möglich und er ging 1714 nach Konstantinopel, wo er Geldgeber fand, so dass es 1719 zur Drucklegung kam.Er wurde ein Schüler von Rabbiner Jehuda Rosanes, des Führers der sephardischen Juden, der ihn in seinen Beit Din berief, und veröffentlichte nach dessen Tod im Jahre 1727 auch die Werke seines Lehrers. Rabbiner Culi erkannte die dringende Notwendigkeit, das einfache Volk in Konstantinopel spirituell wieder aufzurichten. Nach dem Desaster der Schabbatai Zwi-Affäre war es zu einem geistigen Niedergang in Konstantinopel gekommen. Es gab zwar hervorragende Toragelehrte und Jeschiwot, aber die Mehrheit der Juden hatte nur geringe Kenntnisse des Judentums. Da die Sprache der sephardischen Juden zu jener Zeit Ladino war – ein mit Hebräisch versetztes altes Spanisch – schrieb er einen ausführlichen Tora-Kommentar auf Ladino, den er unter dem Namen „Me'am Lo'ez" 1730 zu veröffentlichen begann. Leider konnte Rabbiner Culi selbst nur den Kommentar zu Bereshit, und den Großteil von Schmot verfassen, aber seine Notizen waren so umfangreich, dass daraus der restliche Kommentar verfasst werden konnte. Rabbiner Culi starb 1732 in Konstantinopel.
Meam Lo'ez wurde sofort mit Begeisterung von der jüdischen Leserschaft angenommen und gehörte für sephardische Juden zum Standardwerk des Torakommentars. Erst durch die Übersetzung ins Hebräische in den 1960er Jahren wurde die aschkenasische Welt auf dieses Werk aufmerksam.
Mit freundlicher Unterstützung von HaMakor.de und Rabinner Aron Orzel